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Inmitten einer Sammlung alter, ungeordneter Aufzeichnungen findet sich ein altes Marschlied der Garde.


Für Lordaeron, auf dem Feld der Ehr’
Stellt sich dem Feind ein furchtloses Heer
Starr wie Thorium doch lodernd das Herz
Erdulden sie tapfer Entbehrung und Schmerz

Für Lordaerons Sieg ist es nie zu spät
Solange das Königsblaue Banner noch weht
Solange das Königsblaue Banner noch weht


Stets sind sie zu fechten bereit
Selbst noch, wenn die Pflicht dem Tode sie weiht
Sie kennen nicht Zögern noch Zweifel noch Scheu
Sind bis zum letzten Schlage der Heimat treu

Für Lordaerons Sieg ist es nie zu spät
Solange ein letzter Gardist noch steht
Solange das Königsblaue Banner noch weht

Niemand widersteht ihrer Wut
Der gold-blaue Rock getränkt mit Blut
Ein jeder trägt mit Stolz seine Wunden vom Feld
Ein jeder der bleibt, der starb als Held

Für Lordaerons Sieg ist es nicht zu spät
Solange das Königsblaue Banner noch weht
Solange das Königsblaue Banner noch weht


- von Offizier Reinmut Stahl, gefallen im zweiten Kriege


Die letzte Schlacht der Königsblauen Garde

Von Thyndras Van Kheel

Thyndras räusperte sich und spuckte auf den Boden. Zwecklos. Der widerwärtige Geschmack verschwand einfach nicht aus seinem Hals. Mit einem unzufriedenen Grunzen stützte der Paladin seinen kräftigen Körper auf seinen Kriegshammer und versuchte, den aufdringlichen Gestank, der aus der Dunkelheit der Nacht in das Dorf wehte zu ignorieren. Der Wind war zwar schwach, aber reichte dennoch aus, um den fauligen Geruch der Belagerer zu ihm zu tragen und der wurde von Tag zu Tag unerträglicher. 
Untote stinken. Untote stinken sogar grässlich, und eine ganze Streitmacht von ihnen war eine unglaubliche Belästigung, selbst wenn sie einen nicht angriff. 
Irgendwie musste er sich ablenken. Mit geschlossenen Augen sprach er ein kurzes Gebet an das Licht, auch wenn er langsam nicht mehr so überzeugt war, dass dieses ihm helfen könne. Ein schwaches Leuchten umgab seine Finger, als er das Symbol der Kirche des Lichtes in die Luft zeichnete. Nicht, dass das den Gestank irgendwie gelindert hätte, aber mehr konnte er im Moment nicht tun. 
Keiner wusste, was die Untoten trieb, warum all das passierte. Scheinbar hatte ihr Auftauchen mit dieser seltsamen Epidemie zu tun, die Lordaeron heimsuchte. Mehr hatte man nicht in Erfahrung bringen können. Keiner kannte ihre Ziele oder wusste woher sie kamen. Alles, was sie wussten, war, dass sie Feinde waren. Sie töteten alles und jeden auf ihrem Weg. Soldaten, Frauen, Kinder, selbst die meisten Tiere schlachteten sie ab. Aber warum, das wusste niemand. 

Scheppernde, sich nähernde Schritte hinter ihm erinnerten Thyndras an seine Pflichten. Er zog den königsblauen Mantel zurecht, den er über seiner Rüstung trug und strich die dazugehörige Kapuze von seinem kahlen Haupt, bevor er sich umdrehte und versuchte irgendwie Disziplin und Mut auszustrahlen. 

„Bericht!“ 

Der junge Soldat vor ihm salutierte, machte sich aber gar nicht erst die Mühe, dabei stramm zu stehen. Er trug keinen Helm und die Strapazen der vergangenen Tage standen ihm ins Gesicht geschrieben. Als Thyndras den Gruß erwiderte, begann er die Lage zusammenzufassen. 
„Wir haben die Verteidigung so gut wir konnten wiederhergestellt, Bruder van Kheel, aber um alles auszubessern fehlte uns die Zeit.“ Die Stimme des Soldaten klang heiser und erschöpft. 
„Was ist mit den Gefallenen?“, fragte Thyndras trocken. 
„Wir haben jeden Leichnam, den wir finden konnten, enthauptet und verbrannt, Sir, wie Ihr es angeordnet habt.“ 
„Wurden alle Gebete für sie gesprochen?“ 
„Ja, Sir. Priester Fenten hat sich persönlich darum gekümmert.“ 
„Gut. Schließt Euch wieder den Anderen an, mein Sohn. Das Licht möge über Euch wachen.“ 

Der junge Soldat entfernte sich wieder und Thyndras seufzte, als er die Kapuze wieder über seinen Kopf zog. Für einen Moment kam er sich tatsächlich dumm vor. Der Junge wusste genau so gut wie er selbst, dass es für sie keine Hoffnung mehr gab. Seit mehr als einer Woche warteten sie auf die Antwort der Boten, die sie ausgeschickt hatten, und Nahrungsmittel, Ausrüstung und Soldaten wurden in dem belagerten Dorf langsam knapp. Er konnte dem Jungen nichts versprechen. Alles was er ihm geben konnte war der Glaube an das Licht, doch die meisten der Belagerten hatten auch diesen schon fast aufgegeben. 

Thyndras blickte sich um. Zu drei Seiten konnte er im Dunkel gerade noch die Felsen und den Bach sehen, die die Siedlung umschlossen und zu der Todesfalle machten, in der sie nun saßen. Irgendwo dazwischen war die einzige Straße, die ins Dorf führte, und mit Zäunen und Barrikaden befestigt war. Hier und da standen einige ausgezehrte Soldaten. 
Ansonsten war nicht viel zu erkennen. Neben den Sternen und dem Halbmond gab es kaum eine Lichtquelle, denn alles Licht, das im Dorf brannte, half den feindlichen Katapulten ihre Ziele zu finden. 
Die Artillerie machte Thyndras die größten Sorgen. Am dritten Tag hatte die Geißel angefangen, die Leichen, die sie aus der befestigten Zone zerren konnten zurück in die Barrikaden zu schießen. Das war ein harter Schlag für die Moral der Verteidiger, aber darüber hinaus hatte sich herausgestellt, dass die toten Körper infiziert waren und die Kämpfer der Befestigung mit der Seuche ansteckten. Seitdem wurde jeder gefundene Leichnam an Ort und Stelle verbrannt. 
Aber diese Maßnahmen und jede noch so erbitterte Verteidigung erkauften ihnen nichts mehr als Zeit. Seine Truppe, die Reste von Lordaerons 14. Infanteriebataillon und auch die Dorfmiliz, all die Frauen und Kinder, die noch nicht an der Seuche gestorben waren oder getötet werden mussten, bevor sie sich verwandelten, sie alle waren nicht mehr zu retten. 
Mit jedem Scharmützel, mit jedem Tag wurde die Lage verzweifelter. Seit Tagen gab es keine Kunde von der Lage der anderen Kampfverbände und der Situation im Land. Sie standen auf verlorenem Posten. Es gab nichts mehr, das sie tun könnten, außer darauf zu warten, dass eine verbündete Streitmacht sie aus ihrer Lage befreite. 
Er senkte den Kopf. 
Erneut fuhr ein Seufzer von Thyndras’ Lippen. Er blickte seinen schweren Schlachthammer herab, ein massives, doch sichtbar liebevoll gearbeitetes Stück Schmiedekunst. Er bestand aus einem symmetrischen, kantigen Thoriumkopf an einem besonders langen Schaft, der stellenweise mit blauem Stoff umwickelt war und an dessen Ende sich eine Thoriumspitze befand. In den Kopf hatte er das Wappen Lordaerons gravieren lassen. 
Sein Blick blieb an der kleinen Thoriumkette hängen, die er am Schaft befestigt hatte. An der filigranen Schmiedearbeit hingen zwei Fingerringe, der eine ebenfalls mit dem Symbol seiner Heimat, der andere mit dem Symbol des Lichts. 

Für einen Moment tat Thyndras nichts, als die beiden Ringe anzustarren. 

Der Griff des kräftigen Paladins festigte sich um seine Waffe. Mit jeder Facette seines Geistes konzentrierte er sich auf die heilige Energie des Lichtes und sein Körper wurde mit neuer Kraft und Wärme erfüllt. Er hatte hier das Kommando. Er und das Licht waren das Letzte, in das diese Soldaten noch Vertrauen haben konnten und er würde ihnen diese letzte Hoffnung nicht nehmen. Dies war Lordaeron, das mächtigste Königreich der Menschheit aller Zeiten. Niemand konnte diese Macht brechen, weder Orcs noch Dämonen und wandelnde Leichen schon gar nicht. 
Erneut spuckte Thyndras auf den Boden, doch nicht vor Ekel sondern trotziger Verachtung. Sie würden kämpfen und Lordaeron würde siegen, dafür würde das Licht schon sorgen. 

Gerade überlegte der Kommandant, sich ins Lazarett aufzumachen, um zu helfen, die Verwundeten zu versorgen und um sie zu segnen, da hörte er ein dumpfes Krachen hinter sich. Dann noch eins, dann noch ein paar mehr. Thyndras wandte sich um und sah in den Gesichtern seiner Kameraden, dass sie das Geräusch ebenso erkannt hatten wie er. 
Die Artillerie der Belagerer hatte das Feuer eröffnet. Schon mischten sich unter die Unruhe im Lager die entfernten Schreie einiger Wachen, die durch den Anriff verwundet worden waren. 
„Was steht ihr da rum? Seht zu, dass ihr eure Kameraden da rausholt! Und gebt den anderen Bescheid! LOS!“ bellte es unter der Kapuze des Paladins hervor und sofort darauf huschten die müden Soldaten los, zwar kreuz und quer, aber keinesfalls planlos. 
Nach wenigen Sekunden war die Ruhe im Dorf dem Rufen der Soldaten und den knappen Befehlen ihrer Offiziere gewichen. 

Thyndras stellte sich zu den letzten Zäunen an der Straße und lauschte. Er lauschte nicht dem Tumult im Dorf, es gab etwas viel wichtigeres, dass er erhören musste. 
Die Katapulte feuerten nicht mehr. Nach einer endlos wirkenden Minute war er sich sicher, dass sie das Feuer nicht bloß zum Nachladen eingestellt hatten. Die Geißel würde angreifen. 

„Sie kommen! Alle auf ihren Posten! Gebt Alarm!!“ Die donnernde Stimme des Befehle zu geben gewohnten Mannes übertönte den Lärm um ihn herum ohne Mühe. 
Sofort setzten sich auch die letzten Wachen im Dorf in Bewegung. Es dauerte keine Minute, bis die Glocke im Turm des Rathauses mit ihrem durchdringenden Läuten begann und die Soldaten und Milizkämpfer aus ihrem ohnehin unruhigen Schlaf riss. Einen Augenblick später rannten die Männer bereits die befestigte Straße entlang auf ihre Posten. Thyndras tat es ihnen gleich. 
Als Thyndras um sich blickte, sah er, dass ein großer Teil der Kämpfer schon verwundet war. Jeder Vierte hatte irgendwo Verbände an seinem Körper. Manche konnten sich kaum auf den Beinen halten, doch jeder tat sein Bestes in der Hoffnung auf Erlösung, durch den Tod oder durch ein Wunder. 

Als er die vorderen Reihen erreicht hatte blieb er stehen. Seine Untergebenen waren in Position, jeder von ihnen wusste, was sie erwartete. Der Paladin bemerkte, dass einige seiner Kameraden um ihn herum zitterten. Mit einer Hand fasste er an das Buch, das an einer Kette an seinem Gürtel hing, doch dann überlegte er es sich anders. Eine Predigt würde hier niemandem helfen. Er atmete tief ein, kletterte auf einen kleinen Fels am Straßenrand und nahm die Kapuze ab. Dann sprach er laut und klar: 

„Hört mir zu, Streiter Lordaerons! Ihr wisst, was Euch erwartet. Ihr wisst, was auf Euch zukommt. Wir kämpfen gegen einen Feind so abstoßend, dass man glauben möge, er sei aus unseren Alpträumen entsprungen. Doch Ihr dürft nicht vergessen: Dieser Alptraum kann bluten! Er kann zerhackt, zertrümmert und vernichtet werden! Wir haben sie bis jetzt aufgehalten und wir werden es auch weiterhin tun. Wir werden standhaft bleiben! Wir werden siegreich bleiben! Für den König und für Lordaeron!“ 

„Für Lordaeron!“ schallte es ihm entgegen, doch er erkannte am Klang ihrer Stimmen, dass seine Soldaten erschöpft waren. Sie waren bereit, für Lordaeron zu sterben, aber ob sie auch imstande waren, für Lordaeron zu siegen, das wusste im Moment nur das Licht. 
Thyndras stieg von dem Stein herab und nahm seinen Platz wieder ein. 
Alles war still, keiner sagte auch nur ein Wort. 

Sie warteten. 

Bald mischte sich das Geräusch von Schritten in die angespannte Stille, die sonst nur vom leisen Rascheln der vereinzelten Bäume unterbrochen wurde. Sie lauschten. Die Schritte kamen immer näher. Bald wurde ihnen klar, dass es mehr Schritte waren als sonst. Viel mehr. Es mussten mindestens eineinhalbmal so viele dieser widerlichen Kreaturen sein wie in den vorherigen Wellen. 
Ein Blick über die Schulter lies Thyndras die konzentrierten Blicke der Bogenschützen der Miliz erkennen, die auf den Felsen um die Straße Stellung bezogen hatten und angestrengt versuchten, in der Dunkelheit ein Ziel auszumachen. 
Thyndras suchte den Boden ab, auf dem immer noch Überbleibsel der letzten Kämpfe zu finden waren. Er las ein Stück Holz auf, band einen Stofffetzen darum und befahl dem Magier hinter sich, die improvisierte Fackel anzustecken. 
Sobald dieser das getan hatte schmiss er die Fackel soweit er konnte die Straße hinab und befahl den anderen, es ihm gleichzutun. Kurz darauf schlugen ein paar wenige Pfeile der Geißel zwischen den Fackeln ein. 
Thyndras grinste abfällig. Wenn die Untoten zu ihnen wollten, mussten sie über die Fackeln. 

„Sobald diese Feuer irgendetwas erkennen lassen, das nicht zu uns gehört, lasst Ihr Eure Pfeile fliegen!“ 

Der Feind kam immer näher. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie zu sehen waren. 

Plötzlich erschien etwas im Licht der Fackeln. Aber es war kein Ghul und auch kein anderes Monster, es war ein Soldat Lordaerons. Er trug das Wappen ihres Bataillons, der Königsblauen Garde. Neben ihm erschien noch einer, dann zwei, dann noch einige und ein paar Milizsoldaten. Langsam taumelten und wankten sie mit gezogenen Waffen auf die Verteidiger zu. 

„Feuer!“ 

Keine einzige Sehne entspannte sich. Kein einziger Pfeil wurde geschossen. 
Thyndras verstand. 

„Das sind nicht mehr Eure Kameraden! Euer Mut soll nicht durch solche Respektlosigkeit getrübt werden! Ehret ihr Opfer und erlöst sie von dieser Demütigung!“ 

Ein paar Sekunden später, die sich für jeden wie eine Ewigkeit anfühlten ließ der Anführer der Bogenschützen die Sehne los. Der Pfeil pfiff über die Köpfe der Soldaten hinweg und fand sein Ziel im Visier der vordersten Untoten. Nur einen Wimpernschlag darauf wurde aus dem Pfeifen ein Heulen, als die anderen Schützen seinem Bespiel folgten. Die untoten Krieger gingen zu Boden. Dutzende Pfeile steckten in den schwachen Stellen ihrer Rüstungen. 
Thyndras grunzte wütend. Nicht nur, dass sie kaum eine Chance hatten, lebend aus dieser Belagerung zu entkommen, nein. Nicht einmal die Aussicht auf einen würdevollen Tod wurde ihnen gelassen. 

„Kommt her und empfangt eure gerechte Strafe!“, brüllte er in die Nacht. 
Für einen ungreifbaren Moment hatte er das Gefühl, er würde ein hämisches Lachen vernehmen. 

Im nächsten Moment hörte er, wie die Feinde losstürmten, als würden sie seiner Aufforderung Folge leisten. Die erste Reihe Ghuls, die die Fackeln erreichte, wurde von den Bogenschützen in Sekunden gefällt, doch bevor sie überhaupt wieder anlegen konnten, waren schon so viele nachgekommen, dass das Licht der Fackeln von ihnen einfach ausgetreten wurde. 
Der Paladin sprach einen letzten Segen über seinen bewährten Kriegshammer, bevor er sich mit dem Schlachtruf des Bataillons auf seine Feinde warf. 

„Unter dem Königsblauen Banner richten wir unsere Feinde! Für Lordaeron!“ 

„Für Lordaeron!“ 

Mit verzweifeltem Mut und brennendem Hass stürmten die Soldaten aus den ersten Reihen Schulter an Schulter ihrem Kommandanten hinterher. 
Thyndras kannte die Wildheit der Ghuls inzwischen gut. Den vordersten fest im Blick wog er die Entfernung zwischen ihnen genau ab. Das Monster sprang - wie erwartet - auf ihn zu und Thyndras grinste überlegen. Er stoppte seinen Sprint abrupt und lies seinen Hammer mit dem Schwung seines Anlaufs in einem waagerechten Bogen in den Angreifer krachen. Die Waffe zertrümmerte den Brustkorb der Kreatur und schmetterte sie aus der Luft zur Seite. Den Schwung des ersten Schlages ausnutzend ließ der Paladin seinen Hammer einen Kreis über dem Kopf ziehen und dann auf den nächsten Gegner niederfahren. Der Schlag traf den Ghul mit voller Wucht. Dunkles Blut spritzte Thyndras ins Gesicht, als der Schädel seines Gegners mit einem feuchten Knacken zerbarst. Der Untote blieb vor seinen Füßen liegen. 
Während er den Hammer mit der Linken festhielt, hob er die Rechte und öffnete die Hand. Auf der Handfläche leuchtete kurz eine helle Rune auf, bevor Thyndras den nächsten Angreifer, der auf ihn zukam, mit der Kraft des Lichtes verbrannte. 
Dann war kein Gegner mehr vor ihm. 
Ein kurzer Blick zur Seite zeigte Thyndras, dass auch seine Untergebenen den Angriff der Ghuls erwidern konnten. Die meisten Körper am Boden waren schon gestern tot gewesen. 
Ein Schmerzensschrei hinter ihm ließ ihn herumfahren und er sah, wie eines der unheiligen Monster direkt hinter ihm einen Soldaten niederschlug. Gerade, als die Kreatur sich auf den benommenen Mann warf, um ihre verformten Zähne in sein Fleisch zu schlagen rammte Thyndras sein gepanzertes Knie in ihre Rippen. Der Ghul fiel zur Seite und hatte keine Möglichkeit mehr, den nächsten Angriff noch abzuwehren. Der Paladin rammte die Metallspitze am Schaft seines Hammers durch seinen Gegner, wobei er den Schaft bis in die Erde unter seinem Opfer trieb. Er ließ den Hammer in dem Kadaver stecken und kniete neben dem verletzten Kameraden nieder. Seine Handflächen schimmerten in warmem Licht, als er sie auf die Wunde presste, die der Ghul ihm zugefügt hatte. Die Rüstung hatte zwar den größten Schaden verhindert, aber aus dem Loch in der Platte floss ein Blutstrom. Nach ein paar Sekunden schloss sich der Schnitt und der Soldat kam wieder zu Besinnung. Thyndras nickte ihm zu und zog seine Waffe aus der Leiche. Dann erhob er sich, um weiterzukämpfen, doch als er sich umwandte, fiel ihm auf, dass es keine Gegner mehr gab, die er bekämpfen könnte. 

Sie hatten noch nicht gewonnen. Die angestrengten Soldaten nutzten die kleine Pause, um Luft zu holen. Dass keine Gegner mehr zu sehen waren, bedeutete nur, dass die Ghuls schneller über ihre Reihen gekommen waren, als die unzähligen anderen Untoten. Die waren zwar weniger wild, aber dennoch nicht zu unterschätzen und für wandelnde Kadaver waren sie immer noch verdammt stark und beweglich. 
Sie kamen näher, jeder spürte das, hörte es, roch es. Ohne einen Befehl bildeten die erschöpften Soldaten wieder eine Schlachtordnung. Seite an Seite hoben sie ihre Schilde und erwarteten den Feind. 
Dann waren sie zu sehen. Es waren viel mehr, als die letzten Male. Zuerst konnte man nur das schimmernde Leuchten ihrer Augen erkennen, dann lösten sich ihre Silhouetten langsam aus der Dunkelheit. Einige gingen aufrecht und gerade, andere wankten und torkelten und manche waren schon so zerfressen, dass sie nur noch kriechen konnten. Dennoch würde jeder von ihnen den Tod bedeuten können, wenn er nicht zuerst vernichtet würde. 

Die Schilde der Soldaten bildeten eine undurchdringlich scheinende Mauer aus blankem Stahl, als die Formation begann, langsam auf den Feind zuzurücken. Ihre Schritte erzeugten ein gleichmäßiges schweres Scheppern und Thyndras hatte für einen Moment das Gefühl, auch sein Atem und sein Herzschlag würde sich diesem Takt anpassen. 

„Auf mein Zeichen, lasst ihr den Nether auf sie los.“ Einige der Soldaten nickten. Thyndras musste nicht laut sprechen, um verstanden zu werden. Jeder von ihnen wusste, was zu tun war. Ein kurzer Blick nach hinten verriet ihm, dass auch die Magier und Schützen bereit waren. 
Nur noch wenige Meter trennten sie von ihren Feinden. 
„Jetzt!“ brüllte Thyndras. 
Der Klang seines Befehls wurde abrupt von flammendem Getöse übertönt, als die Magier nur ein paar Schritte vor der Formation die verheerenden Kräfte des Nether freiließen. Die Druckwelle der magischen Explosionen warf die Untoten auseinander und schleuderte den Verteidigern einen Schauer von kleinen Steinen und Leichenteilen entgegen, der auf den Schilden ein Geräusch erzeugte wie ein Regenschauer auf einem Blechdach. Für einen Moment ließ das aufflackernde Licht die ungefähre Zahl der Angreifer erahnen. Es waren viel mehr von ihnen, als sie alle erwartet hätten. Die meisten Soldaten hatten jedoch keine Gelegenheit, sich ein Bild zu machen, da der Augenblick zu kurz oder sie selbst zu weit weg waren. Thyndras dankte dem Licht dafür, denn was er gesehen hatte, würde den Kampfesmut der Truppe in Sekunden hinwegfegen: Die Straße war erfüllt von widerlichen wandelnden Kadavern soweit der Schein der arkanen Entladungen reichte. 
Die Chancen der Lebenden, dieses Gemetzel zu überstehen waren klein, kaum deutbar, aber Thyndras wusste, dass auch die Zahl der Angreifer erschöpflich sein musste. 
Er atmete tief ein und roch den Gestank von Verwesung und verbranntem Fleisch. Dann schrie er seinen Feinden all seinen Hass ins Gesicht und sprang aus der Formation seinen Widersachern entgegen, den Hammer hoch über den Kopf erhoben. In wenigen Sekunden verwandelte sich die lückenlose Schlachtlinie in eine hassschäumende Lawine, die mit gnadenloser Verachtung einen Untoten nach dem anderen in Stücke hackte. Die Soldaten brüllten und fluchten. Schmerzens- und Todesschreie klangen zwischen einzelnen Befehlen von allen Seiten. Thyndras fiel auf, dass er eine Sache besonders an den Untoten verachtete: Die Stille. Sie kämpften und töteten, doch niemals würde einer von ihnen einen Schmerzenslaut von sich geben. Keine gesprochenen Befehle, keine Schlachtrufe, keine Hymnen oder Kriegsgesänge. Gar nichts. Sie waren ein verkommenes, emotionsloses Pack, das keine Andeutungen von Überzeugung zeigte, für die richtige oder zumindest überhaupt irgendeine Sache zu kämpfen. 
Ein kräftiger Schlag gegen seine Plattenrüstung brachte Thyndras dazu, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und er bemühte sich, alle unwichtigen Gedanken beiseite zu kehren. Er hasste sie und er tötete sie, dass war alles, was jetzt noch wichtig war, wenn er diese Nacht überleben wollte. Erneut erhob er seinen Hammer und schlug einer der Kreaturen das Haupt vom verrotteten Hals. Die Lücke, die der zu Boden sinkende Kadaver hinterließ, wurde sofort von einem weiteren gefüllt. Thyndras schlug nochmals zu, dann noch mal. Nach drei Schlägen gab der wandelnde Leichnam nach und brach zusammen, als der Paladin plötzlich etwas an seinem Bein zerren spürte. Eine der verwesten Leichen, so schwer verstümmelt, dass sie nur noch kroch, krallte sich an seinem Bein fest. Vergeblich versuchte er sich loszureißen, als bereits weitere Angreifer auf ihn zukamen. Er stach hektisch mit der Metallspitze seines Hammers auf die Kreatur ein, bis diese endlich davon abließ, sein Bein hochzukriechen. Schnaubend wandte er sich um, um den Angriffen der anderen Untoten zu begegnen, als er sah, dass sie bereits einen seiner Kameraden an seiner Statt in Stücke rissen. Plötzlich, als der Paladin gerade blutige Rache üben wollte, erschien inmitten der Angreifer aus der Dunkelheit ein Wesen, bei dessen Anblick selbst Thyndras erschrak: Es war eine gewaltige Bestie, mindestens so groß wie ein Ogeranführer. Aber im Gegensatz zu einem Oger war dieses Ding nicht lebendig, und es war auf einen zweiten Blick nicht mal ein einziges Wesen. Es war eine bizarre, abstoßende Konstruktion aus verschiedenen Leichenteilen, die eine blutige Schleppe scheinbar ihres eigenen Gedärms hinter sich herzog. Allein ihr Anblick zehrte an den Nerven. Drei Arme, die vermutlich doch von einem Oger stammten, wie die Tätowierungen vermuten ließen, unterstützten die verkrüppelten, krummen Beine bei ihrer grobmotorischen Gehbewegung. Der Rumpf war breit, aufgedunsen und unförmig. Aus dem Maul des unverhältnismäßig kleinen Kopfes, der von einer Art lieblos aus Schrott gefertigtem Helm geschützt wurde, lief ein unendlich scheinender Strom zähen Schleims. Thyndras fragte sich, wie so etwas überhaupt existieren konnte. 
Dann brach es über seine Feinde herein. Mit mächtigen Schlägen fegte es Lebende und Untote gleichermaßen hinweg. Das Ding bahnte sich langsam eine blutige Schneise durch die Reihen der Verteidiger. Thyndras entschied, dass er es sich nicht leisten konnte, noch mehr Soldaten an diese Abscheulichkeit zu verlieren. 

„Weg davon! Zurück zu den Barrikaden! Eröffnet das Feuer!“ 

Keiner der Soldaten zögerte, von diesem Monster wegzukommen. Das Bataillon war immer noch in der Lage einen geordneten Rückzug durchzuführen. Allerdings blieb für die wenigen, deren Wunden ihnen die Flucht unmöglich machte keine Hoffnung, gerettet zu werden. Die Soldaten rannten und schützten sich gegenseitig vor den Angriffen der schnelleren Untoten. Über ihnen brach ein tödlicher Sturm los, als die Magier und Schützen Thyndras Befehl befolgten. Überall rissen Pfeilsalven und Feuerbälle die Rotte der Untoten auf. Das Monster fing unzählige Pfeile und Bolzen auf, die teils einfach in seinem rotten Fleisch verschwanden. Immer wieder explodierten Feuerbälle auf seinem unförmigen Körper, doch es wurde dadurch nicht einmal merklich abgebremst. 
Die Soldaten kamen wieder an den Befestigungen an und Thyndras versuchte, den Überblick zu behalten. Das Ding musste fallen, sonst würden die Reihen der Verteidiger zusammen mit ihrer Kampfmoral zugrunde gehen. 
„Schießt auf dieses Ding! Fällt diese Blasphemie!“ brüllte Thyndras mit allem Atem, den er noch hatte. Die Verteidiger verloren keine Zeit und konzentrierten sich ganz auf die Bestie, die ihren gewaltigen Körper langsam die Straße hinaufschleppte. Nach wenigen Augenblicken war das Ding kaum noch zu erkennen, als die verzweifelten Kämpfer alles auf es abfeuerten, das sie hatten. Aus dem Feuersturm brach eine gewaltige wandelnde Fackel hervor. Die Kreatur stand von Kopf bis Fuß in Flammen, doch selbst dies schien sie nicht aufhalten zu können. Die Magier zitterten vor Anstrengung, während sie immer mehr Energie aus dem Nether zogen. Der Gestank der brennenden Monstrosität eilte ihr voraus und machte es den Lebenden schwer zu atmen. Die Untoten waren nicht mehr weit von ihren Reihen entfernt. Das Ding musste jetzt vernichtet werden, bevor es die Befestigungen einfach in Stücke reißen würde. Thyndras beobachtete das wandelnde Feuer und erkannte dann, wie dieses Ding zu besiegen war. Er drehte sich um und brüllte die Straße hinauf. „An die Balliste, holt Euch dieses Ding!“ 
Ein Stück die Straße hinauf stand eine der zwei schweren Belagerungsballisten des Bataillons. Ihre Geschosse waren etwas über drei Meter lang und hatten einen schweren, massiven Metallkopf, der Rüstungen und Schilde, sogar dünne Holzwände und Tore ohne Probleme durchschlagen konnte. Sie war eigentlich dazu an diese Position gebracht worden, die feindlichen Katapulte zu vernichten, sollten diese versuchen, tagsüber in Stellung zu gehen und war nachts wegen der schlechten Sicht eigentlich nutzlos. Eine über drei Meter hohe wandelnde Fackel sollte jedoch auch im Dunkel der Nacht gut zu sehen sein. Sofort rannten einige der in der Befestigung verstreuten Schützen zu ihrer Waffe. Auch sie wussten, dass diese Kreatur sie nicht erreichen durfte. Thyndras hörte hinter sich das Klacken und Scheppern der Mechanik der Belagerungswaffe gefolgt von einer kurzen Ewigkeit Stille. 
Mit einem Lauten Krachen schleuderte die Balliste ihr mächtiges Speergeschoss auf den Feind. Der Speer traf das Ziel an der Schulter und bohrte sich mit solcher Wucht durch den verwesten Körper, dass einer der Arme fast abgerissen wurde. Das Glied hing an einigen dünnen Fetzen den Rücken der Kreatur herunter. Die Mannschaft verlor keine Zeit und spannte augenblicklich das nächste Geschoss in die Waffe. Thyndras beobachtete den Vormarsch der Untoten mit Unmut. Sie waren schon zu nah, einen dritten Schuss würde es nicht geben. Er atmete die stinkende Luft ein und wandte sich um. „Habt Vertrauen und Geduld, Männer!“, rief er die Straße hinauf. „Schießt erst, wenn Ihr Euch sicher seid!“ 
Immer wieder war das leise Knirschen der Balliste zu hören, während die Schützen sie auf das Ziel ausrichteten. 
Thyndras hatte das Gefühl, die Zeit würde stehen bleiben. 
Dann endlich kam das erlösende Krachen, mit dem die Sehne an den Rahmen peitschte. Der Speer schlug mitten in die Brust des Monsters und brach aus dem Rücken wieder halb heraus. Das Ding begann zu taumeln und brach in sich zusammen. Die Bewegungen der Arme machten den Eindruck, dass das Wesen selbst im Sterben begriffen noch versuchte, weiter auf seine Feinde zuzukriechen. Der brennende Speer ragte aus seinem Rücken wie ein Mahnmal. Erleichtert betrachteten die Verteidiger, wie die Reste der Kreatur von den Flammen verzehrt wurden. 
Die anderen Untoten begegnetem diesem Verlust nicht mit der geringsten Gefühlsregung. Sie wankten einfach weiter. 
Die Magier waren ausgezehrt, die Schützen hatten fast alle Pfeile und Bolzen verschossen. Die Schlacht musste mit dem Schwert gewonnen werden. Thyndras rief seine Krieger zur Ordnung. Sie alle waren erschöpft, doch an Flucht war nicht zu denken. Wohin auch, da jeder der diesem Hexenkessel entkommen wollte sich durch seine Feinde hindurchkämpfen musste. So gut es ging wurde die Formation wieder eingenommen. 
Ohne ein Kommando stemmte sich die Truppe dem Feind entgegen. Die entkräfteten Soldaten taten, was sie konnten, und langsam aber stetig kämpften sie sich immer weiter vor. 
Die Männer und Frauen des Bataillons traten bei jedem Schritt vorwärts auf Leichen. Sie hackten und stachen sich langsam vor, während immer wieder einige von ihnen zu Boden gezerrt wurden oder einfach unter der schieren Masse der Feinde verloren gingen. Thyndras kochte vor Verachtung. Zusammen mit seinen Mitstreitern kämpfte er unnachgiebig weiter. Meter um Meter, Schritt um Schritt. 
Gerade, als er dachte, sie könnten das Blatt vielleicht doch noch wenden sah er unter sich etwas, dass ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ: Der Kadaver, auf dem er stand war ihm nicht unbekannt. Es war einer der Boten, die sie mit dem Gesuch um Unterstützung losgeschickt hatten. Auf seiner blutverkrusteten Brust war bei genauerem Hinsehen das Wappen der königsblauen Garde zu erkennen. Thyndras’ Blick wanderte hinab zum Gürtel der geschundenen Leiche und fand den Brief mit seinem Siegel. 
Er schluckte schwer. 
Sie hatten es nicht geschafft. Sie hatten die Belagerung niemals durchbrochen. All die Tage, all die Kämpfe waren nichts als ein sinnloses Schinden gewesen. Niemand wusste, wo sie waren und was hier passierte. All die Männer und Frauen des Bataillons und der Miliz, all die Bauern und Handwerker und Kinder, all diese unschuldigen und frommen Bürger hatten diese Hölle umsonst durchlebt. 
Das konnte doch keine Gerechtigkeit sein! 
Für einen Moment wollte Thyndras auf die Knie fallen. Aufgeben. Wie oft hatte er seine bittenden Worte an das Licht gerichtet, es möge die Boten auf ihrem Weg beschützen. Vergebens! Alles umsonst. 
Mit einem kräftigen Ruck riss er sein Gebetsbuch von der Kette an seinem Gürtel und ließ es auf den Boden fallen. Er würdigte es keines weiteren Blickes. 
Das Licht würde den Rechtschaffenen zum Sieg verhelfen, hatte der Erzpaladin ihn in seiner Ausbildung gelehrt. Man hatte ihm beigebracht, das Licht wäre mächtig. Lügen! Das Licht hatte all diese guten Menschen im Stich gelassen. 
Es gab keine Hoffnung mehr, an die sie sich klammern konnten. Vor Thyndras’ Augen entfaltete sich die kalte Realität: Sie waren verloren. 

Thyndras hielt trotzig seine Enttäuschung verborgen und nahm seinen Hammer wieder hoch. Mit einem kräftigen Tritt drehte er die Leiche um, damit niemand sie erkennen könnte. 
Es gab nichts mehr zu erreichen in diesem Kampf. Alles was sie noch tun konnten, war ihrem Ruf gerecht zu werden und bis zum letzten Atemzug das Banner Lordaerons hochzuhalten. Das eigene Leben möglichst teuer zu verkaufen, das war alles, worum es jetzt noch ging. Sie würden den Feind ihre Wut spüren lassen. 
Und Thyndras hatte im Moment eine Menge davon. 

Ohne jede Rücksicht drängte er sich zwischen seinen Kameraden hindurch nach vorne, dem Feind entgegen. Mit einem tierischen Brüllen schmetterte er seinen Hammer in seine Widersacher. Sein Zorn war so groß, dass er sich um seine Deckung gar nicht scherte. Seine besonnene Waffenführung wich blinder Raserei. Wie ein Irrer schlug er um sich, fällte einen Gegner nach dem anderen. Wieder und wieder prallten Krallen und rostige Klingen von seiner Plattenrüstung ab. Immer tiefer bahnte er sich seinen Weg in das Heer der Feinde. Hinter ihm versuchten seine Kameraden mit ihm mitzuhalten, doch ihre Fähigkeiten litten unter ihrer Erschöpfung. Immer mehr seiner Untergebenen verschwanden unter den Horden der Untoten. 
Nach ein paar Minuten hatte sich der rasende Krieger seinen Raum erkämpft. Er stand zwischen unzähligen Leichen, die es den Gegnern schwer machten, ihn anzugreifen. 

Thyndras’ rasender Atem pumpte den abartigen Gestank dieses Schlachtfeldes durch seine Lungen und sein Herz hämmerte wie orcische Kriegstrommeln. Der königsblaue Mantel, den er einst so stolz trug, hing in Fetzen von ihm herab. Jeder Muskel in seinem Körper brannte wie Feuer, er sah schimmernde Flecken vor seinen Augen tanzen und es schien ihm, als wenn die steifen Platten seiner Rüstung inzwischen mehr dazu beitrugen, dass er noch stehen konnte, als seine Knochen es taten. Er wischte sich das Blut aus dem Gesicht, das aus einer Platzwunde auf seiner Stirn lief. Mit gespannten Muskeln ließ er den Blick durch seine Gegner kreisen. 
Jede Armee hat ihre Offiziere. Es musste auch bei denen so etwas wie einen Anführer geben, der sie dazu antrieb, aus ihren Gräbern zu kriechen, um all diese Untaten zu begehen. Thyndras wollte Rache. Seine Stimme war heiser vor Erschöpfung und bebte vor Verachtung, doch seine Worte übertönten noch immer den Schlachtlärm. 

„Komm heraus und zeig dich, du feigherziger Wurm! Ich bin deiner armseligen Lakaien überdrüssig! Stell dich mir jetzt und mit meinem Hammer ich werde über dich richten!“ 

Voller Ungeduld erwartete er eine Antwort, doch es schien keine zu kommen. 
Dann hörte Thyndras wieder jenes hämische Lachen, das von irgendwo aus der undeutbaren Ferne kam. Unantastbar. Falls er überhaupt noch hätte wütender werden können, wäre er es jetzt geworden. 

Wie auf einen unausgesprochenen Befehl warfen sich die Untoten aus allen Richtungen auf ihn. Fluchend zersplitterte der verwundete Kämpfer den Schädel des ersten Angreifers mit seinem Hammer. Er spürte, wie ihn etwas von hinten festhielt. Sein gepanzerter Ellenbogen zertrümmerte das Gesicht des Untoten, der durch den Treffer zu Boden geworfen wurde. Er fuhr herum und schwang seinen Hammer in weitem Bogen und schlug zwei weitere nieder, doch für jeden Gegner, den der rachsüchtige Krieger niederstreckte, kam sofort ein neuer hinzu. Mit Ellenbogen und Faust schuf er sich den Platz, seinen Hammer zu schwingen. Wieder holte er aus, doch ein Schlag von der Seite drang durch seine Rüstung und die rostige Klinge traf sein Bein. Aus der Drehung schmetterte er seinen Hammer in ihren Besitzer. Ein weiterer Untoter schlug mit seiner Waffe nach ihm und durchtrennte den Riemen seines linken Schulterpanzers. Das Rüstungsteil fiel zu Boden, als Thyndras erneut seinen Hammer niederkrachen ließ. Wieder wurde er getroffen und fühlte ein Stechen in der Seite. Da der Bewegungsfreiraum zu eng für einen weiteren Hammerschwung war, ließ er die Waffe los und schlug den nächsten Gegner mit den Fäusten nieder. Einer der Kadaver rammte ihm ein Messer in die ungeschützte Schulter. Thyndras’ heftige Bewegung riss es der Kreatur aus der Hand. Thyndras brach dem Angreifer mit einem kräftigen Schlag das morsche Rückgrat, bevor er dessen Kopf unter seinem Panzerstiefel zermatschte. Taumelnd zog er sich das Messer aus der Schulter, um weiterkämpfen zu können. Wieder holte er zum Angriff aus. Als eine eitrige Faust ihn am Kopf traf, konnte der Krieger sich endgültig nicht mehr auf den Beinen halten. Hiebe und Prügel regneten auf ihn nieder. Mit letzter Kraft versuchte er seine Waffe zu erreichen, um mit dem Metallstachel an ihrem Schaft noch einen seiner Gegner niederzustechen. Seine gebrochene Hand wollte sich gerade um den Griff schließen, als er an der Schulter gepackt und zurückgerissen wurde. Die Untoten warfen sich auf den nunmehr schutzlosen Mann. Er konnte kaum noch etwas sehen und ob er noch atmete, konnte er selbst nicht mehr sagen. Immer mehr stürzten sich auf ihn. Thyndras nahm nur noch Schmerzen wahr. Schmerzen und hektische Bewegungen, als er unter der Masse der Feinde verschwand.

Allgemein
In der Tradition des Militärs Lordaerons und auch der Verlassenen nahm Lordaerons vierzehntes Infanteriebataillon schon Jahrzehnte vor dem ersten Hordenkrieg den Namen „Königsblaue Garde“ an, abgeleitet von dem blauen Grund der Wappenröcke, welche mit ihren blau/weiß/goldenen Heraldiken die besondere Treue zum Heimatreich widerspiegeln sollten. Die Garde nahm an allen Kriegen gegen die Orcs teil und machte sich an der Front vor allem durch ihre eiserne Disziplin einen Ruf unter ihren Verbündeten und Feinden. Während des ersten und zu Beginn des zweiten Krieges gegen die Horde wurde die Garde angeführt von Sir Fordas Tharadeyn, bis dieser in der Schlacht fiel und der heutige Kommandant Thyndras Van Kheel an seine Stelle trat. Er führte die Garde durch den zweiten Krieg und bis zum Beginn des Geißelkrieges. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Garde im Osten Lordaerons von Geißeltruppen umzingelt. Ein Ausbruch gelang unter schweren Verlusten die Garde wurde kurz darauf bei der Verteidigung eines kleinen Dorfes vernichtet.

Nach dem Erwachen Thyndras Van Kheels durchstreifte dieser die Ländereien Lordaerons, bis er schließlich zur Hauptstadt zurückfand. Da er den Tod überstanden hatte fühlte er sich verpflichtet, seinem Volk auch weiterhin zur Verfügung zu stehen. Umgehend meldete er sich zum Militärdienst und erarbeitete sich im Laufe der Zeit den Rang eines Exekutors. Nachdem seine Nachforschungen ergeben hatten, dass kaum einer seiner alten Soldaten es in die Reihen der Verlassenen geschafft hatte, beschloss er, bei der Dunklen Fürstin um eine Neugründung seiner Truppe zu ersuchen. Überzeugt von seinem Eifer gewährte diese und Van Kheel sammelt seitdem Verlassene unter dem Königsblauen Banner, um den Feinden Lordaerons entgegenzutreten. Seitdem sind Soldaten der Königsblauen Garde an jeder Front der Verlassenen zu finden. Sie waren sowohl an der Zerstörung von Menethils Hafenanlagen beteiligt wie an der Säuberung der Feste Nordwacht im Brachland. Im Rahmen dieser Schlachten trat die Königsblaue Garde ebenfalls dem Klingenbund bei, um die Einsätze der Horde besser mit denen der Verlassenen in Koordination zu bringen, welchen sie jedoch später aufgrund interner Differenzen wieder Allerdings wird die Garde auch bei Gelegenheit zur Bekämpfung innerer Feinde wie dem Kult der Schatten eingesetzt, welchen sie auch erfolgreich exekutiert hat.

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